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Keywords
- Moral Courage, Mut am Arbeitsplatz, Skalenentwicklung, Risiken, Selbstwirksamkeit, Antizipierte Emotionen (1)
- compliance, integrity, ethical culture, ethics strategies, unethical behavior (1)
- moral compromises, gender differences, women in leadership, gender diversity in business organizations, job interest, artificial intelligence, human resource management (1)
- moralische Kompromisse, geschlechtsabhängige Unterschiede, Frauen in Führung, Gender Diversity in Wirtschaftsorganisationen, Jobinteresse, künstliche Intelligenz, Personalmanagement (1)
In der vorliegenden Arbeit wurden geschlechtsabhängige Unterschiede in der Wahrnehmung und Bewertung von moralischen Kompromissen im Wirtschaftskontext untersucht. Dabei wurde vor dem Hintergrund des weiblichen Führungskräftemangels in Deutschland das Ziel verfolgt, einen neuen, wissenschaftlich fundierten Erklärungsansatz dafür zu finden, warum Frauen in Deutschland seltener Karriere im Wirtschaftskontext machen und weniger Führungspositionen übernehmen, auch wenn sie die relevanten Voraussetzungen für entsprechenden Rollen erfüllen. Basierend auf bisherigen Forschungsarbeiten zu geschlechtsabhängigen Unterschieden im Umgang mit moralischen Kompromissen, wurde im Rahmen von drei Studien die These untersucht, dass sich Frauen deswegen seltener für Karrieremöglichkeiten im Wirtschaftskontext interessieren, weil sie dann antizipieren, mit moralischen Kompromissen konfrontiert zu sein und diese stärker ablehnen als Männer.
In Studien 1 und 2 konnte festgestellt werden, dass Frauen im Vergleich zu Männern signifikant größere Probleme mit Zugeständnissen bei moralischen Werten äußerten. Männer sahen hingegen einen höheren Geschäftssinn in moralischen Kompromissen, was durch die Identifikation mit agentischen Werten verstärkt wurde. Bei der Untersuchung der Annahme, dass genau diese geschlechtsabhängigen Unterschiede in der Wahrnehmung und Bewertung von moralischen Kompromissen ein geringeres Interesse von Frauen an Karrieremöglichkeiten im Wirtschaftskontext erklären würden, zeigte sich in Studie 3, dass sich Frauen und Männer in ihrem direkt geäußerten Interesse an Jobpositionen im Wirtschaftskontext nicht signifikant voneinander unterschieden. Es konnte allerdings festgestellt werden, dass insbesondere Frauen moralische Bedenken äußerten und im Vergleich zu Männern seltener davon ausgingen, in entsprechenden Positionen authentisch sein zu können als auch einen geringeren Perceived Person-Organization Fit sahen als Männer, was das Interesse an den beschriebenen Karrieremöglichkeiten indirekt minderte.
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie liefern damit in zweierlei Hinsicht einen praxis-relevanten und ergänzenden Beitrag zu bisherigen Forschungsarbeiten: Zum einen konnte gezeigt werden, dass Frauen im deutschen Kulturraum moralische Kompromisse im Wirtschaftskontext problematischer einschätzen als Männer und diesen geringeren Geschäftssinn zusprechen. Zum anderen kann angenommen werden, dass Frauen sich ebenso wie Männer zunehmend vorstellen können, im Wirtschaftskontext zu arbeiten, auch wenn potenziell moralische Kompromisse eingegangen werden müssen. Die dabei bestehenden Bedenken weisen allerdings darauf hin, dass Frauen größere Schwierigkeiten haben, sich in entsprechenden Jobs einzubringen und möglicherweise auch deswegen seltener im Wirtschaftskontext Karriere machen als Männer.
Basierend auf diesen Ergebnissen wird abschließend diskutiert, welche Stärken Frauen aufgrund ihrer moralischen Haltung im Zusammenhang mit Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation in Unternehmen einbringen können. Dabei wird mit dem Fokus auf den unterstützenden Einsatz von künstlicher Intelligenz bei Personalentscheidungen begründet, dass sich insbesondere Frauen aufgrund ihrer moralischen Haltung bei Entscheidungen im Unternehmenskontext eher an moralischen Werten orientieren, häufiger das Potenzial haben, einen ethischen Führungsstil anzuwenden, und somit einen gewissenhaften und effektiven Einsatz von algorithmischen Entscheidungssystemen begünstigen. Vor dem Hintergrund der Annahme, dass die Orientierung an moralischen Werten die Voraussetzung eines verantwortungsvollen Umgangs mit digitalen Innovationen und künstlicher Intelligenz ist, um sozio-ökonomischen erfolgreich zu sein, wird daher argumentiert, dass sich ein kritischer Anteil von Frauen auf allen Führungsebenen positiv auf zentrale wirtschaftliche Wettbewerbsfaktoren im Rahmen der digitalen Zukunft von Unternehmen auswirkt.
Im Arbeitsleben wird das Verfolgen moralischer Ziele oftmals durch Hindernisse und Risiken erschwert. Mitarbeiter, die Moral Courage aufweisen, setzen sich auch bei Gegenwind und Schwierigkeiten aktiv für moralische Werte ein und können daher eine wichtige Basis für die ethische Stärke von Unternehmen darstellen. In der vorliegenden Arbeit wird einerseits ein neues Messinstrument zur Erfassung von Moral Courage am Arbeitsplatz vorgestellt, die Moral Courage at the Workplace Scale (MCWS), und andererseits werden begünstigende und hinderliche Faktoren für Moral Courage untersucht. Die MCWS zeugte in mehreren Studien von guten psychometrischen Eigenschaften sowie konvergenter und divergenter Validität. Es handelt sich um die erste Skala, welche Moral Courage am Arbeitsplatz in verschiedenen, voneinander abgrenzbaren Situationsarten erfasst: dem Eingreifen bei unethischen Handlungen von Kollegen, dem Eingreifen bei unethischen Handlungen von Vorgesetzten, dem Weigern bei unethischen Anweisungen, dem Zugeben von Fehlern, und dem Verfolgen von Ideen. In einem weiteren Forschungsprojekt wurde mit Hilfe kurzer schriftlicher Szenarien ermittelt, wie stark die in einer Situation empfundene Selbstwirksamkeit und die vorhandenen positiven antizipierten Emotionen für die Ausführung und negativen antizipierten Emotionen für die Unterlassung einer moralisch couragierten Handlung mit der Handlungsbereitschaft zusammenhängen. Die Höhe negativer Konsequenzen für den Handelnden wurde in den Szenarien experimentell manipuliert. Selbstwirksamkeit, positive und negative antizipierte Emotionen erwiesen sich in dieser Studie als begünstigende Faktoren und das Risiko für negative Konsequenzen als hinderlicher Faktor für die Bereitschaft, moralisch couragiert zu handeln. Positive antizipierte Emotionen konnten zudem den negativen Einfluss des Risikos auf die Handlungsbereitschaft abfedern. Implikationen dieser Ergebnisse für die Förderung von Moral Courage in Unternehmen werden dargestellt.
The recurrent business scandals of the past decades have been a wakeup call for research and practitioners regarding the crisis organizational ethics is in. In an effort to remedy the situation many organizations have relied on the implementation of compliance- and/or integrity-oriented ethics programs. However, observations from practice and research show that the results of such programs are mixed, and it is still unclear when and why they are effective to reduce misconduct and promote ethical behavior. In this dissertation an answer to this question is sought. Building on literature that considers the overall organizational ethical context, I hypothesize that ethical culture can explain when and why compliance and integrity strategies are successful at preventing misconduct and promoting ethical behavior. To examine the proposed relationship, two new measures for ethics strategies and ethical culture are developed and validated. The Ethics Strategy Measure (ESM) is the first validated instrument to measure the strategic focus of ethics programs (compliance vs. integrity). The German Ethical Culture Scale 2.0 (GECS 2.0) is a 10-dimensional advanced measure of ethical culture. In three studies the psychometric properties, convergent and predictive validity of the two instruments are shown. Consequently, in four consecutive studies the new measures are applied to test whether the dimensions of ethical culture mediate the relationship between compliance and integrity strategies and (un)ethical behavior. The results show that the effects of compliance and integrity strategies on unethical behavior can fully be explained through their effect on the dimensions of ethical culture. Further, it is shown that compliance strategies are not able to inspire ethical conduct, while integrity strategies are. This relationship is also fully mediated by the dimensions of ethical culture. Different ethical culture dimensions emerge as drivers of different mediated effects. Implications for research and practice are discussed.